Fit für China

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Mit einer Exportquote von 17,8 Prozent liegt Sachsen-Anhalts Nahrungs- und Genussmittelbranche (ohne Getränke) in Mitteldeutschland vorn (14,7 Prozent), aber unter dem Bundesdurchschnitt (21,8 Prozent). Mehr als 80 Prozent der Ausfuhren gehen in Länder der EU.

Der chinesische Lebensmittelmarkt bietet enorme Chancen für Nahrungsmittelproduzenten aus Mitteldeutschland, birgt aber auch Risiken. Die Hochschule Anhalt besitzt für die richtige Exportvorbereitung nach Asien das notwendige Fachwissen.
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Enormes Wachstumspotenzial liegt in Drittmärkten wie China, der Markteintritt bietet viele Chancen, birgt jedoch auch erhebliche Risiken. Auf einem Exportworkshop, der von der Agrarmarketinggesellschaft Sachsen-Anhalt organisiert, vom Land gefördert sowie in und mit der Hochschule Anhalt in Bernburg-Strenzfeld veranstaltet wurde, konnten sich Vertreter exportorientierter Unternehmen über Trends, Potenziale, Handelshemmnisse und Hilfestellungen informieren sowie über Exporterfahrungen austauschen.

Ausländische Studenten verkosten regionale Produkte

Schwerpunkt war das Zielland China, da sich mehrere Firmen an einer Unternehmerreise nach Schanghai zur Internationalen Nahrungsgütermesse SIAL beteiligten, um Marktchancen auszuloten, Produkte vorzustellen und Geschäftskontakte zu knüpfen. Einen ganz kleinen Vorgeschmack gab eine Produktverkostung im Rahmen des Workshops. Studenten aus sieben Ländern des Studiengangs Food and Agribusiness der Hochschule Anhalt testeten regionale Produkte. Hier zeigten sich erhebliche Unterschiede bei den Geschmacksgewohnheiten: Während den Probanden aus dem asiatischen Raum der geräucherte Käse zu würzig war, kam er bei Studenten aus Russland, Weißrussland und Ukraine sehr gut an und hätte sogar noch ein bisschen würziger sein dürfen, bei ihnen war auch die getestete Spirituose sowohl pur als auch im fruchtigen Cocktail ein Volltreffer.

„Es ist wichtig, die Rezepturen an das jeweilige Zielland anzupassen“, sagte Birgit Stodtko, Geschäftsführerin Geschäftsfeld International der Industrie- und Handelskammer Halle-Dessau. Bestimmte Produkte gingen gar nicht, zum Beispiel Wurstkonserven in Großbritannien oder Lebkuchen in China. „Vor dem Markteintritt steht die Analyse der Chancen und Risiken“, betonte Prof. Dr. Elena Kashtanova,  Dekan des Fachbereichs Landwirtschaft, Ökotrophologie und Landschaftsentwicklung der Hochschule Anhalt in Bernburg.  Marktgröße und -wachstum, die Entwicklung von Einkommen und Nachfrage, politische Stabilität, Eigenturm und soziale Werte sowie viele andere Kriterien sind zu bewerten, die damit verbundenen Kosten müssen kalkuliert und die Risiken verteilt, minimiert und abgesichert werden.

Wer Nahrungsmittel ins Ausland exportieren will, sollte sich sehr genau über andere Geschmacksgewohnheiten, Namen und Besonderheiten schlau machen.
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„Auf dem chinesischen Markt steigt der Bedarf an westlichen Produkten“, sagte Torsten Brumme (International Business Development) aus Hohenziatz. „Die Gründe liegen unter anderem in wachsenden Cluster- und Mega-Metropolen, kräftig steigenden Einkommen in den Städten sowie einer großen Anzahl an Auslandschinesen. Vor dem Hintergrund von Lebensmittelskandalen und Umweltverschmutzung wollen die Menschen Produktsicherheit, Zuverlässigkeit und Qualität, dafür steht ,made in Germany‘.“,  Brumme sieht darin eine große Chance für die Exportnation Deutschland, die unter den nach China exportierenden EU-Ländern auf Platz 3 liegt. Brumme gab viele nützliche Tipps, worauf Unternehmen bei der Partnerwahl im Zielland und bei der Überwindung von Handelshemmnissen achten sollten. Seine Empfehlungen reichten von der Wahl eines chinesisch wohlklingenden Namens, der für den Markteintritt entscheidend sein kann bis zur Gründung einer Niederlassung in China, um bei Zahlungsausfällen agieren zu können.

Hochschul-Know-how von sachsen-anhaltischen Firmen zu wenig genutzt

Für exportwillige Unternehmen gibt es viele Hilfestellungen, zum Beispiel bei den Industrie- und Handelskammern und in den Auslandshandelskammern, finanzielle Unterstützung kann über die Außenwirtschaftsförderung des Landes Sachsen-Anhalt gewährt werden. Oft wird die Hilfe jedoch nicht genutzt. Das zeigten interessante Studentenprojekte an der Hochschule. Eine Absolventin hatte Exportchancen für heimischen Honig nach Island, wo klimatisch bedingter Bienenmangel herrscht, untersucht und die Kosten kalkuliert, das Thema hatte sie sich selbst gestellt. Eine Studentengruppe entwickelte im Auftrag einer niederländischen Firma eine Box für die Züchtung von Heuschrecken in Kenia und Uganda und untersuchte die Vermarktungswege für die preisgünstige Eiweißquelle. Anfragen sachsen-anhaltischer Firmen sind rar. „Wir haben die Studenten, wir brauchen ihre Themen und Fragestellungen“, sagte Prof. Dr. Elena Kashtanova. Leichter könne man an Know-how nicht kommen, fanden auch die Workshop-Teilnehmer.