Stuttgart und Magdeburg liegen dicht beieinander

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Magdeburg steht erstmals vor einem Bürgerentscheid in einer wichtigen Entscheidung für die Stadtentwicklung. Voraussichtlich im März zu den Landtagswahlen soll er stattfinden. Doch gegenwärtig wird noch gerungen, denn der Termin hat durchaus Einfluss auf das Ergebnis. Nach Stuttgart nun Magdeburg. Die Bürger wollen mitreden, aber Demokratie zu verwirklichen, scheint eine schwierige Sache zu sein.

„Stuttgart 21“ ist derzeit in aller Munde. Ein Großteil der Bürgerschaft wehrt sich gegen das Großprojekt unterirdischer Bahnhof, dessen Sinn angezweifelt wird. Soviel Aufmerksamkeit genießt ein Projekt in Sachsen-Anhalts Landeshauptstadt Magdeburg nicht, aber es spaltet die Bürgerschaft ganz genau so in zwei Lager. Hier geht es um eine im Zweiten Weltkrieg schwer zerstörte Stadtkirche, die Ulrichskirche, die in den 1950er Jahren gesprengt wurde, um dem sozialistischen Städtebau Platz zu machen.

Eine private Initiative unter der Leitung eines Schönheitschirurgen hat sich das Ziel gesetzt, diese Kirche wieder aufzubauen. Die Fundamente sind noch unter einem weiträumigen, mit Bäumen bepflanzten Platz erhalten, der sich mitten im Stadtzentrum befindet. Seither kämpfen Befürworter wie Gegner des Projektes mit allen (noch) demokratischen Mitteln um bzw. gegen das Vorhaben. Selbst durch den Stadtrat zieht sich der Trennungsstrich, so dass mittlerweile aus der Provinzposse ein politisches Bekenntnis geworden ist.

Was in Stuttgart gefordert wurde, ist in Magdeburg längst Wirklichkeit. Die Gegner des Projektes haben so viele Unterschriften gesammelt, dass der Stadtrat dem Bürgerbegehren über einen Bürgerentscheid zustimmen muss. Bleibt also die Frage, wann dieser Bürgerentscheid nun stattfinden soll. Vom Zeitpunkt hängt nicht unwesentlich das Ergebnis ab. Da es nicht einfach ist, an einem beliebigen Wahltag angesichts steigender Wahlmüdigkeit genug Menschen zu einer erforderlichen Mehrheit zu bewegen, wollen die Gegner des Projektes die Entscheidung der Bürger mit den im Frühjahr anstehenden Wahlen zum Landtag von Sachsen-Anhalt verbinden. Die Argumente sind überzeugend: Kosteneinsparungen durch Synergien und genug Zeit zur Vorbereitung, denn so ein Bürgerentscheid erfordert auch erheblichen organisatorischen Aufwand. Das nicht geäußerte Kalkül dürfte allerdings auch sein, dass angesichts einer sich abzeichnenden Mehrheit der Gegner des Kirchenbaus bei der Verbindung der beiden Wahlen genug Gegenstimmen zusammenkämen.

Das haben die Befürworter natürlich erkannt und versucht, mit einem Verwaltungsgerichtsantrag den Stadtrat zu zwingen, den Bürgerentscheid möglichst noch in diesem Jahr durchzuführen. Die Gemeinsamkeit mit Stuttgart 21? Es wird getrickst und gepokert, um die eigenen Interessen möglichst geschickt durchzusetzen. Der Bürgerwille scheint dabei unwichtig.

Nun hat Magdeburgs Oberbürgermeister Dr. Trümper in Sachen Bürgerentscheid klar Position bezogen. Er schlägt vor, einen möglichen Bürgerentscheid zum Wiederaufbau der Ulrichskirche zusammen mit den Landtagswahlen am 20. März 2011 durchzuführen. Aktuelle Versuche, die Entscheidung zu erzwingen, hätten nur ein Ziel: Die Beteiligung an einem Bürgerentscheid möglichst gering zu halten.
In den zurückliegenden Wochen war ein Mitglied des Kuratoriums zum Wiederaufbau der Ulrichskirche mit dem Versuch gescheitert, per Eilentscheid des Verwaltungsgerichtes die Stadt zu verpflichten, in der Angelegenheit sofort zu entscheiden. Das Stadtoberhaupt gibt sich kämpferisch: „In Magdeburg haben die Bürgerinnen und Bürger zum ersten Mal die Möglichkeit, in einer für die Gemeinde wichtigen Angelegenheit direkt zu entscheiden. Dies ist ein fundamentaler Akt der Demokratie, an dem möglichst viele teilhaben müssen. Die Zusammenlegung mit der Landtagswahl im kommenden Jahr bietet dafür die Gewähr.“