„Die großen Energieversorger spielen mit falschen Karten“

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Zehn Prozent des deutschen Energieverbrauchs speisen sich bereits aus regenerativen Quellen. Sachsen-Anhalt ist bei Wind-, Sonnen-, Wasserkraft und Biogas bundesweit führend. Aber noch ist Ökoenergie nicht wirtschaftlich genug. Hohe Subventionen lassen die Preise steigen, die Bürger reagieren verärgert. aspekt befragte dazu Dr. Ruth Brand-Schock, Vizepräsidentin des Landesverbands Erneuerbare Energie Sachsen-Anhalt.

aspekt: Die Erneuerbaren belasten die Menschen im Land zunehmend. Können sie deren Unmut verstehen?
Ruth Brand: Natürlich ist die jüngste Erhöhung der Strompreise ärgerlich, keine Frage. Schließlich kostet sie statistisch jeden Haushalt etwa 40 Euro jährlich. Die großen Energiekonzerne spielen dabei aber mit falschen Karten, täuschen die Bürger.
aspekt: Wie das?
Ruth Brand: Nun, angeblich ist die jüngste Erhöhung um 1,5 Cent pro Kilowattstunde wegen des Ausbaus alternativer Energiequellen unumgänglich. Tatsächlich haben die marktbeherrschenden Kohle- und Atomstrom-Anbieter EnBW, E.ON, RWE und Vattenfall aber ihre eigenen Beschaffungskosten im Vorjahr um bis zu 40 Prozent gesenkt. Das ist mit einer aktuellen Studie eindeutig nachgewiesen. Ergebnis: Die Konzerne und ihre Tochterunternehmen – in Sachsen-Anhalt etwa enviaM und E wie Einfach – machen 2011 zwei Milliarden Euro Gewinn zusätzlich. Dabei müsste der Strompreis eigentlich sinken! Das nenne ich Etikettenschwindel.
aspekt: Schön und gut, zahlen müssen die Bürger aber trotzdem…
Ruth Brand: Falsch, müssen sie nicht. Die 1,2 Millionen Haushalte im Land können die ungerechte Mehrbelastung sofort kippen. Sie brauchen nur aus den teuren Grundtarifen ihrer Versorger zu kostengünstigen Ökostromlieferanten wechseln: Greenpeace Energy beispielsweise, Lichtblick, EWS oder Naturstrom.
aspekt: Und was soll das bringen?
Ruth Brand: Eine ganze Menge: Unser Verband hat errechnet, dass jede Familie zwischen Arendsee und Zeitz im Schnitt jährlich 2.650 Kilowattstunden verbraucht. Ein Wechsel führt damit, je nach Tarif, zu 50 bis 125 Euro Einsparung – fängt die jüngste Preiserhöhung also mehr als auf. Landesweit summiert sich das zu beachtlichen 60 bis 150 Millionen. In anderen Bundesländern ist die Situation übrigens vergleichbar.
Außerdem tun die Verbraucher mit einem Sparwechsel der Natur und nachfolgenden Generationen einen Riesengefallen. Und sie sichern obendrein Arbeit im eigenen Land: Die Branchenunternehmen Sachsen-Anhalts geben heute schon rund 20 000 Menschen Arbeit, bis 2020 soll ihre Zahl um bis zu 12 000 steigen.