19 kleine IBA-Städte in Sachsen-Anhalt haben Mega-Cities, wie New York oder Rio de Janeiro, beim Wettbewerb um den FAD Award aus dem Rennen geschlagen. Wir stellen die Konkurrenz-Projekte vor.
Urbanes Leben in Großstädten hat viele Gesichter. Überall sind die Bedingungen anders, gibt es andere Probleme. In New York müssen die Dinge anders angepackt werden als in Sachsen-Anhalt. Gemeinsam ist allerdings allen, dass es viel Kreativität und Engagement der Einwohner braucht. Sie wissen selbst am besten, was sie sich für ihr Lebensumfeld wünschen. Die FAD – Fostering Arts and Design hat trotz so spektakulärer Projekte, wie den High Line Park in New York, der IBA in Sachsen-Anhalt den Preis zugesprochen. Hier zwei der Ideen, gegen die sich Sachsen-Anhalt behauptet hat.
Der High Line Park in New York ist eine Hochbahntrasse, die sich parallel zum Hudson auf mehreren Metern Höhe vom Meatpacking District über West Chelsea bis Hell’s Kitchen entlang historischer Industriebauten, Wohnhäuser und moderner Büropaläste erstreckt. Der zweite Abschnitt wurde am 7. Juni eröffnet. Die Bahnlinie, die nach und nach zum Park umgebaut wird, stammt aus den 1930er Jahren. Ursprünglich war sie eine Strecke für Güterzüge, die das Vieh in das Schlachthof-Viertel transportierten.
Nachdem vor fast 30 Jahren die letzten Waggons über die Schienen rollten, holte sich die Natur die künstliche Trasse aus Stahl zurück. Hüfthohe Gräser, Bäume, die ihre Wurzeln unter die rostigen Schienen schoben und Moose auf den vermoderten Holzschwellen. Mit der Zeit entwickelte sich auf den Hochbahnschienen ein ganz eigenes Ökosystem. Und das mitten in dem quirligen, lauten, vom Straßenverkehr fast erstickten Häuserdschungel.
Ein paar Meter höher gab es ein grünes Band mitten durch die Stadt. Allerdings: Betreten durfte man die Trasse nicht, wegen der Unfallgefahr. Das hat sich mit dem Projekt geändert.
Lange bevor die Künstler und Architekten diese Chance entdeckten, hatten sich bereits Abenteuerlustige, Obdachlose, alternative Gemüseanbauer und Verliebte auf der High Line eingefunden. Doch es gab auch Gegner, die die Trasse gern abgerissen hätten, um dort zu bauen. Aber die grüne Ader im Westen New Yorks war längst ein Biotop, das die Nutzer nicht hergeben wollten. 1999 gründeten zwei Anwohner den Verein „Friends of the High Line“. Ihre Idee war, aus der grünen Naturstrecke einen Park auf Stelzen zu machen. Und diese Idee wird Schritt für Schritt in die Tat umgesetzt.
Lebendige Kunst in den Slums von Rio
2006 entstand die Idee des „Favela Painting“ bei den niederländischen Künstlern Jeroen Koolhaas und Dre Urhahn. Ihre ersten Bemühungen ergaben zwei Wandbilder in der Favela Vila Cruzeiro, einem der berüchtigtsten Slums in Rio de Janeiro. Favela steht als Begriff für Großstadtslums in Brasilien.
Mit ihrem ersten Projekt in Brasiliens Mega-Metropole Rio erregten sie weltweites Interesse. Das erste Wandbild der beiden niederländischen Künstler trug den Titel „Junge mit Drachen“ und hatte eine Fläche von 150 Quadratmetern. Das zweite Wandbild erwies sich als schwieriger, hatte eine Fläche von 2000 Quadratmetern. Es wurde auf einer Treppe im Herzen der Favela Vila Cruzeiro gemalt. Es zeigt einen fließenden Fluss mit Koi Karpfen. Die Wandmalereien entstanden zusammenarbeit mit Jugendlichen aus dem Viertel.
Im Laufe des letzten Monats entstand in der Favela Praça Cantão ein weiterer Schauplatz der spektakulären Kunst. 34 Häuser auf dem riesigen Favela-Hügel, in der Mitte von Rio de Janeiro gelegen, sind zu einem lebendigen Kunstwerk mit monumentaler Größenordnung geworden. Das 7000 Quadratmeter-Kunstwerk ist Teil des „Favela Painting“-Projekts von Haas & Hahn, dass die Favelas in Sehenswürdigkeiten und inspirierende Denkmäler verwandeln soll. Seit Ende März werden bereits 34 Häuser durch die Einwohner der Favelas bemalt. 25 Freiwillige erhalten mit der Aktion „Favela Painting“ laut dem Duo sogar eine Perspektive auf einen Beruf. Bisher wurde das Kunstwerk durch Zuschüsse und Spenden finanziert, eine Kooperation mit der niederländischen Firma Akzo Nobel Niederlande könnte neue Türen öffnen und zu weiteren Projekten führen.