Viel Hoffnung am Kap der Guten Hoffnung

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Betrachtet man den Südwesten des afrikanischen Kontinents, so kommt, vor allem vielen älteren Deutschen, sofort der Begriff „Südwest“ in den Sinn. Eine Bezeichnung, die auch heute noch in der Republik Namibia weit verbreitet ist. Auch in Verbindung mit der südafrikanischen Verwaltung von 1919 bis zur Unabhängigkeit 1990 hat sich das erhalten. Jürgen Hasse war in Namibia unterwegs und berichtet von dort für aspekt.
Die parlamentarische und demokratische Republik Namibia ist heute vor allem ein Land der Gegensätze, die ausgeprägter kaum sein können. Ein Vielvölkerstaat, dessen verarbeitende Wirtschaft nur langsam wächst, in dem bis zu 50 Prozent Arbeitslosigkeit das Leben häufig zum Überlebenskampf macht. Aber Namibia ist auch ein Land, in dem viele Menschen optimistisch in die Zukunft schauen.
Es ist ein Land mit beträchtlichen Ressourcen an Rohstoffen, touristischen Sehenswürdigkeiten und einer aufstrebenden Land- und Fischereiwirtschaft. Längst steht der Reichtum des Landes auf der Liste der rohstoffhungrigen Tigerstaaten und Chinas. Das treibt die Wirtschaftsentwicklung an, aber der Gewinn daraus fließt nur in wenige Taschen. Die einfachen Namibier haben nichts davon. Reiche Diamantenvorkommen, die größte Uranmine der Welt, Flußspatvorkommen die ganze Berge umfassen, Kupfer, Gold, Blei, Zinn und Zink bilden den Reichtum des Landes. Fast einhundert Prozent dieser Reichtümer machen derzeit den Exportanteil von insgesamt 50 Prozent an den gesamten Ausfuhren Namibias aus. Wenn auch die Weltwirtschaftskrise dem Bergbau empfindliche Schläge versetzt hat und vielerorts die Förderung eingestellt oder gedrosselt wurde, so erschließt man heute wieder verstärkt Rohstoffvorkommen. Dabei helfen das trockene Klima und die sich über weite Teile erstreckenden Wüsten und Steppen des Landes bei der Suche nach den wertvollen Bodenschätzen. Die Rohstoffe werden größtenteils über den einzigen großen Tiefseehafen Walvis Bay in die Länder transportiert, wo sie weiter verarbeitet werden. Gerade einmal sechzehn Tage dauert es, bis so ein Frachter Erze und Rohstoffe im Rotterdamer Hafen entladen und zur Weiterverarbeitung umschlagen kann.
Aus der Geschichte heraus bestehen enge Bindungen zur Republik Südafrika, die noch heute der wichtigste Außenhandelspartner ist. Regierung und Parlament sind aus Vertretern von fast 30 Stämmen zusammengesetzt. Namibia ist doppelt so groß wie Deutschland, beherbergt aber nur die Einwohnerzahl von Hamburg in seinen Grenzen. Windhoek ist mit wenig mehr als 240 Tausend Einwohnern die größte Stadt des Landes, bedeutende Städte mit Einwohnerzahlen über 20 000 sind an beiden Händen abzuzählen. Fast die Hälfte der englisch-, afrikaans-, bantu-, nama-, deutsch- oder khoisansprechenden Einwohner gehören dem Stamm der Ovambo an. Die Mehrzahl der städtischen Bevölkerung und zahlreiche Farmbesitzer beherrschen nicht nur das amtsenglisch, sondern sprechen teilweise mehrere Stammessprachen. Deutsch ist dabei noch immer eine wichtige Verkehrssprache. Bis auf wenige Staatslandflächen und kommunalen Grund ist das Land in Stammesgebiete und tausende, teilweise große, Farmen unterteilt. Hier lebt und arbeitet auch der größte Teil der schwarzen Bevölkerung, besitzt aber am Landreichtum kaum Anteile. Während viele Farmbesitzer den weltweit höchsten Lebensstandard genießen, leben große Teile der schwarzen Bevölkerung in Armut. Die Regierung versucht dagegen anzusteuern, was sich aber durch Bildungsdefizite und infrastrukturell schwierige Bedingungen als außerordentlich langwierig erweist. Ein großer Teil der schwarzen Bevölkerung lebt abgeschieden und weit außerhalb der Siedlungsgebiete mit den erforderlichen Strukturen.
Da bleibt vielerorts nur der Tourismus neben der kargen Landwirtschaft und einer ausgedehnten, Viehwirtschaft als Haupteinnahmequelle der Landbevölkerung. Dabei spielen Wasserstellen und Weidegründe für die Viehwirtschaft eine außergewöhnlich wichtige Rolle. Um den sprichwörtlichen Tierreichtum des Landes hat sich eine regelrechte Tourismusindustrie entwickelt. Wildfarmen, Reiseanbieter und Touristikzentren werben mit Safaris in die ausgedehnten Steppen Namibias, die ein wirkliches Erlebnis in diesem geologisch interessanten, geschichtsträchtigen Land sind. „Südwest“ gehört heute zu den stabilen und reichen Länder Afrikas. Bis dieser Reichtum allerdings alle Schichten der Bevölkerung erreicht hat, dürfte noch eine lange Zeit vergehen. (J.H.)