Gelee-Bananen von der Generalintendantin

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Thomas Schneider in einer seiner Rollen als „König Ubu“ im Magdeburger Schauspielhaus. Foto: Theater Magdeburg/Nilz Böhme
Thomas Schneider in einer seiner Rollen als „König Ubu“ im Magdeburger Schauspielhaus.
Foto: Theater Magdeburg/Nilz Böhme

Es ist eine ruhige Gegend am Rande des Magdeburger Nordparks, in der Schauspieler Thomas Schneider mit seiner Katze lebt. Aber weder Ruhe noch Ruhestand sind seine Sache. Seit 40 Jahren steht er auf den Brettern, die ihm die Welt bedeuten, und die 65 Jahre sind für ihn nur eine Zahl, eigentlich ohne Bedeutung. Wer ihn am Magdeburger Theater jüngst als König Ubu oder im Jacques-Brel-Liederabend erlebt hat, weiß das. aspekt hat Thomas Schneider besucht.

 

aspekt: So schnell kann man sie eigentlich nicht überraschen. Aber als am 8. Oktober abends nach dem Jacques-Brel-Liederabend im Foyer des Schauspielhauses plötzlich das Schauspiel-Ensembles mit einer Riesentorte auftauchte und ein Ständchen sang, da waren sie doch verblüfft, oder?

Thomas Schneider: Und wie! Ich bin eigentlich immer einer der letzten nach der Vorstellung. Und dann war plötzlich keiner mehr da, und nur ein Kollege drängelte immer: Na los, nun mach schon. Das kam mir schon komisch vor, aber mit dem, was dann geschah, habe ich wirklich nicht gerechnet.

 

aspekt: 40jähriges Bühnenjubiläum und dann auch noch die 4400. Vorstellung. Wenn das kein Anlass ist….

Thomas Schneider: Ja vielleicht. Ich habe im September 1976 meine erste Premiere in Erfurt gehabt und seither in einem kleinen Buch alle Vorstellungen aufgeschrieben und gezählt – das habe ich hin und wieder erzählt. Aber dann diese Überraschung, das hat mich wirklich fast von den Beinen gehauen. Und wenn da eine Träne geflossen ist, dann war das kein Spiel, das war echt.

 

aspekt: Ein Blick zurück. Musik, Gesang und Schauspiel lagen ihnen schon immer im Blut?

Thomas Schneider (lacht): Das ist wohl war. Ich bin in Leipzig geboren und zur Schule gegangen. Ich durfte im Leipziger Schauspielhaus schon Kindersprechrollen spielen und war dann auch in der Statisterie. In Leipzig gab es darüber hinaus einen Singeclub, und da ich Gitarre spiele, war es natürlich klar, dass ich mitmachte. Das kam mir dann später zugute, als ich meinen Wehrdienst leisten musste. Es wurden immer welche gesucht, die was mit Kultur am Hut hatten, und schon war ich abgestellt. Musik, Gesang und Schauspiel haben mir geholfen, auch solche Durststrecken gut zu überstehen.

 

aspekt: Wenn man die Theaterstationen ihrer Karriere verfolgt, dann haben sie ja eine große Berufsrundreise durch ganz Deutschland gemacht…

Thomas Schneider: Ganz bestimmt. Neben dem Theater in Erfurt spielte ich am Nationaltheater in Weimar, war nach der Wende am Landestheater Castrop-Rauxel, dann am Theater Ingolstadt, schließlich am Theater Augsburg und zuletzt am Theater Osnabrück jeweils fest engagiert.

 

aspekt: Und seit der vorigen Spielzeit zurück in den Osten, nach Magdeburg? Gab es denn da schon früher eine Verbindung?

Thomas Schneider: Eigentlich nicht. Obwohl: Während meines Schauspielstudiums Anfang der 70er Jahre waren unter anderem Henry Hübchen, Jaecki Schwarz oder Gisela Hess die Stars in Magdeburg. Hier gab es fantastische Inszenierungen zu sehen, und da musste man hin. Das war aber auch die einzige Berührung mit der Stadt.

 

aspekt: Und wie kam es dann?

Thomas Schneider: Meine letzte Theaterstation vor Magdeburg war Osnabrück. Einmal in der Spielzeit kam Cornelia Crombholz regelmäßig zu einer Gastinszenierung dorthin. Und als sie Schauspieldirektorin in Magdeburg wurde, und wir von Anfang an ein wunderbares Verständnis füreinander hatten, gab es nach ihrer Frage, ob ich mir vorstellen könnte, in Magdeburg zu spielen, kein Halten.

 

aspekt: Apropos Rollen. Goethes Faust hatte es ihnen ja schon immer angetan. Lag das an Weimar?

Thomas Schneider: Wer weiß das schon! Tatsache ist: Schon in Leipzig war ich als Statist in Faust I und II dabei. 1975 wurde ich in Weimar als der Schüler und in weiteren kleinen Rollen besetzt. 1981 spielte ich, ebenfalls in Weimar, dann Mephisto in Faust I (98 Vorstellungen) und Faust II. In Augsburg und in Osnabrück kam dann noch die Rolle des Faust in beiden Teilen von Goethes Meisterwerk hinzu. Alle Rollen im Faust zu spielen, das war ein großes Glück für mich!

 

aspekt: Auch das Gretchen?

Thomas Schneider (lacht): Nein, stimmt. Das Gretchen habe ich noch nicht gespielt. Aber wer weiß?

 

aspekt: Sie sind in sieben Produktionen involviert, singen ab und zu in der Schauspielhaus-Band und machen noch bei diversen Nachtklubs mit. Bleibt da noch Zeit für Privates?

Thomas Schneider: Sehr viel Zeit bleibt da nicht, das stimmt schon. Aber das Theater hier ist wie eine große Familie. Da vermisst man nichts. Und wenn dann zum Geburtstag oder zum Bühnenjubiläum überall große Sonnenblumen stehen, die ich besonders mag, und die Chefin mit Gelee-Bananen – meiner Lieblingsleckerei – aufwartet, dann weiß man, dass man zu Hause angekommen ist.