Fliegende Autos und strikte Euro-Abstinenz – Teil 2

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Blick über die Donau auf die Burg in Bratislava, der Hauptstadt der Slowakei.

Slowakei

Die Slowakei ist das einzige Land in der Visegrad Gruppe, das den Euro eingeführt hat. Das Land gilt als Musterknabe bei der Einhaltung der wirtschaftlichen Kriterien innerhalb der EU. Als relativ kleines Land mit rund fünfeinhalb Millionen Einwohnern grenzt es an Österreich, Tschechien, Polen, die Ukraine und Ungarn. Die Hauptstadt und gleichzeitig größte Stadt des Landes ist Bratislava.

Dr. Guido Glania, Geschäftsführendes Vorstandsmitglied der Außenhandelskammer Slowakei verwies augenzwinkernd darauf, dass es in diesem Land mit 190 Autos auf 100 Einwohner mehr Autos als in Deutschland gibt, mit dem das Land ein Handelsvolumen von jährlich immerhin 27 Milliarden Euro aufweisen kann. Auch hier steigen die Löhne rasant. Erstmals wurde bei VW Bratislava gestreikt und eine Lohnerhöhung von 15 Prozent durchgesetzt. In der slowakischen Regierung denkt man derzeit an die Einführung eines obligatorischen 13. Monatsgehaltes. Auch in der Slowakei spielt der Automobilbau eine bestimmende Rolle. So soll hier ein Gemeinschaftsprojekt zwischen einem indischen Konsortium und Jaguar/Landrover mit einem Investitionsvolumen von einer Milliarde Euro entstehen. Das billigste E-Mobil der Welt. 3000 Beschäftigte sind geplant, und die Slowakei wertet dieses Projekt als Referenz für die günstigen Investitionsbedingungen im Land. Immerhin werden auch hier rund vier Prozent Wachstum der Wirtschaft erwartet. Und dann zeigt Dr. Glania noch ein paar Beispiele für die Findigkeit und den Ideenreichtum slowakischer Erfinder. Das fliegende Auto ist inzwischen in der Praxiserprobung und mit einer speziellen Strom-Wasser-Kapsel, die leicht von einem Menschen zu transportieren ist, kann man selbst in der unwirtlichsten Gegend der Welt etliche Zeit überleben.

 

Ungarn

Die Budapester Kettenbrücke ist ein Wahrzeichen der ungarischen Hauptstadt.

Ungarn steht politisch stark in der Kritik, aber den wirtschaftlichen Beziehungen fügt das keinen Schaden zu, betonte Dirk Wölfler, Kommunikationsleiter der Außenhandelskammer Ungarn.
Das Donauland war schon vor dem Mauerfall beliebtestes Reiseziel der Ostdeutschen, und diese Vorliebe hat sich bis heute erhalten. Wenn man durch das Land fährt, dann trifft man allerorten auf die großen Namen der deutschen Wirtschaft, die praktisch alle in Ungarn vertreten sind. Das gilt für große Industriekonzerne genauso, wie für Handelsketten. 3000 Konzerne und große Unternehmen haben in Ungarn investiert, und das schon sehr schnell nach dem Mauerfall. Etwa ein Sechstel der privaten Wirtschaftsleistung, also ohne die staatlichen Projekte des Landes, werden von deutschen Firmen erbracht.

Nachbarstaaten sind Österreich, Slowakei, Ukraine, Rumänien, Serbien, Kroatien und Slowenien. Die Vielzahl von Grenzverläufen führt zu einer besonderen politischen Situation, die durch eine Reihe von nur schwer nachzuvollziehenden Regierungsentscheidungen Ungarn der Kritik der EU aussetzt. Dennoch ist sich Experte Dirk Wölfler sicher, dass Ungarn auf keinen Fall auf die Transferleistungen von vier bis fünf Milliarden Euro verzichten wird, in dem es einen Bruch mit der Europäischen Union riskiert.

Hinderlich für deutsche Investitionen sind derzeit die relativ hohen Arbeitskosten in Ungarn, ein nur schwer durchschaubarer Steuerdschungel und das Fehlen von Fachkräften. Und was die Währung anbetrifft: Auch Ungarn legt derzeit keinen Wert auf die Einführung des Euro und wird stattdessen lieben am Forint festhalten. Für die deutschen Unternehmer, die in Ungarn investieren wollen, ist das allerdings kein Problem, wie beim V4-Wirtschaftstag der IHK Magdeburg zu hören war. Der Finanzverkehr funktioniert reibungslos, ob nun in Kronen, Forint oder Zloty.

Nicht angesprochen wurde auf dem Wirtschaftstag die Rolle Österreichs. Zu frisch waren noch die Ergebnisse der Wahlen in diesem Land, wenn auch nicht zu verkennen ist, dass angesichts der politischen Strömungen eine deutliche Annäherung an die Visegrad-Gruppe zu erwarten ist. Österreich hat in der Vergangenheit schon öfter Kontakte in dies Richtung aufgenommen, was die Position der Gruppe innerhalb der Europäischen Union deutlich verstärken würde. Das würde auch das Kräfteverhältnis im Europäischen Parlament verändern, weshalb man diese Entwicklung im Auge behalten muss.

Fazit des Wirtschaftstages zum Thema Visegrad ist, dass die wirtschaftliche Bedeutung des Außenhandels Deutschlands und insbesondere Sachsen-Anhalts mit den vier Staaten stärkere Beachtung finden muss, die traditionellen Brücken in die Länder nicht durch den weiten Blick nach China oder in die USA verstellt und die engere Bildung auch durch Verbesserung der Infrastruktur forciert werden sollte. Gute Nachbarschaft ist auch und gerade für die Wirtschaft wichtig.