Ein Forscherteam der Fakultät für Elektrotechnik und Informationstechnik der Otto-von-Guericke-Universität Magdeburg arbeitet derzeit zusammen mit Kollegen aus ganz Europa daran, die Kommunikation zwischen dem Fahrer und dem Fahrer-Assistenzsystem effektiver und sicherer zu gestalten. Elektronische Helfer sollen künftig gefährliche Verkehrssituationen entschärfen oder gar vermeiden.
Der Schlüssel dazu liegt in einer maßgeschneiderten automatisierten Interaktion zwischen Mensch und Maschine. Warn- und Interventionsstrategien basieren dann sowohl auf dem individuellen Zustand des Fahrers als auch auf Witterungs- und Straßenbedingungen sowie der aktuellen Gefahrenlage.
Zur Überwachung des Fahrerzustands wird ein Team um Prof. Dr. Andreas Wendemuth vom Institut für Informations- und Kommunikationstechnik der Universität Magdeburg den emotionalen Inhalt von akustischen Äußerungen, wie Sprache, Atemgeräusche, Stöhnen oder Gähnen im PKW und LKW analysieren, die dann – zusammen mit weiteren Informationen zum Fahrerzustand – unterstützende bis hin zu autonomen Reaktionen des Fahrer-Assistenzsystems zur Folge haben.
Nachdem Probanden im Fahrsimulator in verschiedene Gemütszustände versetzt wurden, beispielsweise durch stressige Verkehrssituationen, Ablenkungen im Fahrzeuginnern, Schlafmangel oder aggressives Fahrverhalten anderer Verkehrsteilnehmer, werden ihre Geräusche durch hochempfindliche Richtmikrophone aufgenommen. Mit Computermodellen werden diese Geräusche aus dem Fahrzeuginnenraum emotionalen Zuständen, wie müde, aggressiv oder aufgekratzt, zugeordnet. Es folgen Realversuche auf extrem eintönigen LKW-Fahrten in Schweden sowie in sehr stressigen Fahrsituationen für PKW in Mitteleuropa.
Aus den Daten werden Geräusche, Mimik, Körperhaltung und Bewegungen analysiert und damit Fahrerzustandsparameter errechnet. Die Daten selbst werden gelöscht und personenbezogene Informationen sind damit nicht vorhanden.
Nach dem Abgleich aller erfassten Informationen soll dann das Fahrer-Assistenzsystem der neuen Generation physische oder psychische Beeinträchtigungen des Fahrers rechtzeitig erkennen und nicht nur davor warnen, sondern auch autonom reagieren können: Von der Aufforderung an den Fahrer, auf eine bestimmte Frage zu antworten bis hin zur Entscheidung, das Fahrzeug am Straßenrand anzuhalten.
„Diese autonome Reaktionsfähigkeit der Fahrer-Zustandsüberwachungssysteme kennzeichnet die neue Qualitätsstufe gegenüber bereits existierenden Assistenzsystemen“, so Prof. Andreas Wendemuth. „Im Ergebnis unserer Forschungen sollen adaptierte leistungsfähige Fahrer-Assistenzsysteme entwickelt werden, die Fahrerzustand, Situations- und Umweltkontext sowie adaptive Interaktion beinhalten, um automatisch den Grad der Kontrolle zwischen Fahrzeug und Fahrer einzustellen und somit eine sicherere und effizientere Straßenbenutzung zu gewährleisten.“
Das Forschungsprojekt wird von einem multidisziplinären europäischen Konsortium mit 30 Partnern in 11 verschiedenen Ländern durchgeführt und mit neun Millionen Euro von der Europäischen Union gefördert.