Baldrianextrakt ist ein wirksamer Angstlöser. Den dafür verantwortlichen Wirkmechanismus hat ein Team deutscher und schweizer Wissenschaftler in rund vierjähriger Forschungsarbeit entschlüsselt. Bei verhaltenspharmakologischen Tests an der Universität Magdeburg konnte eine signifikante Wirkung eines Extraktes aus Baldrian (Valeriana officinalis) einer ausgewählten Zuchtlinie bei Angstzuständen nachgewiesen werden.
Obwohl zuvor bereits vielfach vermutet, fehlten dafür bislang die wissenschaftliche Erklärung und belastbare Nachweise.
Prof. Axel Brattström, Mediziner und Spezialist für pflanzliche Arzneimittel, benannte Mitte Februar auf einer Fachtagung des bundesweiten Vereins für Arznei- und Gewürzpflanzen SALUPLANTA die Wechselwirkung zweier Inhaltsstoffe der traditionellen Heilpflanze als entscheidend für die angstlösende Wirkung. Nach oraler Einnahme des Extraktes docke in ihm enthaltene Valerensäure (VS) im menschlichen Gehirn an spezielle Kanäle (GABA-Kanal) der Zellen an und entfalte ihr angsthemmendes Potenzial durch Verstärkung der natürlichen GABA-Wirkung, Die Azetoxy-Valerensäure (AS), die ebenfalls im Baldrianextrakt enthalten ist, blockiere dagegen die gleichen Kanalöffnungen ganz ohne den gewünschten Effekt. Untersuchungen von Produkten unterschiedlicher Hersteller hätten gezeigt, dass die am Markt angebotenen Extrakte beide Substanzen in etwa gleicher Menge enthielten; ihr Konkurrenzverhältnis hebe somit die gewünschte angstlösende Wirkung auf.
Durch gezielte Pflanzenselektion und stabilisierende Nachzucht gelang es jetzt, einen Baldrianextrakt zu gewinnen, in dem das Verhältnis von VS und AS zwölf zu eins zugunsten der Valerensäure beträgt. „Damit verfügen wir über den ersten natürlichen Stoff, der Angstzustände ohne Nebenwirkungen oder Interaktion mit anderen Medikamenten effektiv dämpft“, erläutert Brattström, der auch die Schutzrechte an Pflanze und Technologie hält.
Nach WHO-Angaben leidet weltweit rund ein Viertel der Menschen an zumindest gelegentlichen Angststörungen. In Deutschland sind es über 20 Prozent der Bevölkerung. Prof. Brattström ist überzeugt, dass etwa jedem zehnten von ihnen künftig auf rein pflanzlicher Basis wirksam und dauerhaft geholfen werden könne. Im Unterschied zu chemisch erzeugten Angstlösern mit ihrem hohen Suchtpotenzial sind bei Baldrian keine Nebenwirkungen bekannt. Das Heilmittel aus der Natur kann deshalb gefahrlos zeitlich uneingeschränkt eingenommen werden. Bereits seit Jahrhunderten bewährt es sich als verträgliches Hausmittel bei Nervosität und Schlafstörungen.
Bislang weisen Produzenten von Baldrianpräparaten den Gehalt der beiden für die Angstminderung bedeutsamen Inhaltsstoffe stets summarisch aus. Künftig sollte dies nach VS und AS getrennt erfolgen, fordert Prof. Brattström, der langjährig als Forschungschef eines führenden Schweizer Traditionsherstellers pflanzlicher Arzneimittel tätig war. Nur durch die getrennte Spezifizierung wäre erkennbar, bei welchen Baldrianextrakten mit angstlösenden Effekten zu rechnen ist.